Basler Zeitung
Donnerstag
22. Juni 2000
 
Basel-Stadt

In der früheren Kantine auf dem nicht mehr genutzten DB-Güterbahnhofareal ist ein Kultur-Restaurant als Zwischennutzung eingerichtet worden: Während der Art 31 kann der Betrieb erstmals laufen.<BR>FotoPeter Armbruster<BR>

In der früheren Kantine auf dem nicht mehr genutzten DB-Güterbahnhofareal ist ein Kultur-Restaurant als Zwischennutzung eingerichtet worden: Während der Art 31 kann der Betrieb erstmals laufen.
FotoPeter Armbruster


 

Neuer Wind zwischen den Geleisen

 

Endlich hats geklappt: Während der Art 31 geht auf dem stillgelegten DB-Güterbahnareal das Projekt «nt/Areal» in eine Testphase. Nach langem Seilziehen hat das Polizeidepartement erst gestern grünes Licht für eine temporäre Bewirtschaftung gegeben. Aber noch fehlt eine Bewilligung zum dauerhaften Betrieb.

 

Zwischen Riehenring und Schwarzwaldallee liegt ein romantisches Brachland. In den Geleisen der Deutschen Bahn (DB) spriesst munter das Gras. Logisch, dass dieser Ort zum Träumen anregt: Die Macher des Projekts «nt/Areal» sind hier seit Monaten daran, dem sterbenden Güterbahnhof neues Leben einzuhauchen. Dass Matthias Bürgin von einem «Wendepunkt» im Quartier spricht, bezieht sich nicht nur auf die Sonnenwende.

Parallel zur Art 31 entwickeln sich diese Woche auf dem DB-Areal ungeahnte Aktivitäten. Installationen, Musik, Kulinarisches im neuen Restaurant «Erlenkönig» und natürlich jede Menge Begegnungen sind angesagt. Die beiden Gebäude, die der Verein «k.e.i.m.» - der Name ist Programm - von der DB billig gemietet hat, sind geschmackvoll renoviert und ausgestattet worden. Das Restaurant ist ein Bijou. Aber um ein Haar wäre es nicht soweit gekommen...

Wunschtraum

Als Bürgin und sein Mitstreiter Philippe Cabane gestern den Medien ihre Pläne erläuterten, stand eine Bewilligung für eine temporäre Bewirtschaftung des Restaurants noch aus. Das Polizei- und Militärdepartement (PMD) sträubte sich. Kein Fest ohne Wirtschaft - die Enttäuschung der «nt»-Macher war offensichtlich. Auch eine definitive Bewilligung des Baudepartements (BD) für einen Umbau liess - und lässt noch immer - auf sich warten. Erst am Ende der Pressekonferenz erhielt Bürgin per Telefon grünes Licht für die Art-Woche. Die plötzliche Erleichterung war gross.
Zumindest aus der Sicht der Nutzer scheint die Verzögerung bizarr. Ursprünglich hatte das Projekt «nt/Areal» bei jedermann nur Begeisterung ausgelöst. Dass das brache Areal zwischenzeitlich genutzt werden soll, kommt eigentlich allen Interessierten entgegen. Ein leeres Haus nimmt bekanntlich schneller Schaden als ein bewohntes. Bei stillgelegten Bahngeländen kann sich das ähnlich verhalten: Ein Niemandsland zieht oft Ärger an. Was also lag näher, als das DB-Areal kompetenten Machern mit gemeinnützigem Anspruch zur Verfügung zu stellen.
Die beiden «nt»-Initianten Bürgin und Cabane hatten im Juni 1999 ihre Studie «Akupunktur für Basel» vorgestellt. Darin standen handfeste Vorschläge für eine temporäre Nutzung der Anlage. Im Januar 2000 äusserte sich der Regierungsrat äusserst positiv zu «Akupunktur». Quartierorganisationen des unteren Kleinbasels waren begeistert. Ein lange gehegter Wunsch schien sich zu erfüllen: Schon 1990 waren in einer (ungültig erklärten) Volksinitiative die Forderungen formuliert: mehr Grünfläche, ein naturgerechter Zugang zu den Langen Erlen und eine Zwischennutzung zugunsten der Bevölkerung. Viele wünschten dem Projekt viel Glück.

Zukunft im «Labor»

Aber die Gruppe von Leuten, die sich rasch um den Gedanken «nt/Areal» zu formieren begann, hatte die Rechnung ohne die Bürokratie gemacht. Zwischen BD und PMD entstand in den letzten Wochen ein Seilziehen, das für die Leute von «k.e.i.m.» nachvollziehbare Bahnen verlassen hatte. Es sieht fast so aus, als wollte niemand Verantwortung übernhemen. Auch die Regierung sprach kein Machtwort. Im Januar hatte sie in ihrem Beschluss bereits angekündigt, sich nur sehr zurückhaltend zu engagieren: Nichts sollte die Verhandlung mit der DB betreffend eines städtebaulichen Rahmenvertrags gefährden. Viel steht auf dem Spiel.
«k.e.i.m.» hat in der alten Wagenmeisterei ein «Labor» geplant. Dort soll eben über jene Zukunft des Stadtteils nachgedacht werden. Ohne Zweifel, die «nt»-Macher werden - auch als kompetente Partner der Bevölkerung - bei der Umgestaltung mitreden wollen. Wem gefällt das nicht?
Matthias Wyssmann


zum Seitenanfang